Leserbrief von Dr. Peter Thümmel, Vorsitzender der Initiative gegen Totalüberwachung e.V., zum NSA-Untersuchungsauschuss

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist am 18. März ein Kommentar zum NSA-Untersuchungsauschuss erschienen. Wir veröffentlichen hier den Kommentar sowie den darauf antwortenden Leserbrief von Dr. Peter Thümmel.

 

<span style="text-decoration: underline;">Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.03.2016, S. 10:</span>

<span style="font-weight: bold;">Snowdens Beute</span>

Der NSA-Untersuchungsausschuss war einmal das Dschungelcamp der Bundesrepublik: hohe Einschaltquoten, aber nicht viel dahinter. Jetzt, da der BND dringend woanders gebraucht wird als im politischen Gutshof von Christian Ströbele und Herr von Notz, fristet der Ausschuss zu Recht nur noch ein Schattendasein. Unerfindlich ist es bis heute, wie sich die Aufklärungswut des Parlaments ausgerechnet auf die NSA stürzte, während andere Dienste in Berlin, allen voran der russische Geheimdienst, sich nur noch notdürftig tarnen müssen, um beträchtlichen Schaden anzurichten. Die Antwort lautet: Weil uns Edward Snowden nur diese und nicht auch andere Informationen geliefert hat. Ja, warum wohl!? Bislang fehlt darauf eine Antwort, auch darauf, warum der Informationsgehalt des angeblich sensationellen Beuteguts Snowdens meistens (wenngleich vor minimaler Öffentlichkeit) korrigiert werden musste. Bevor wir es aber ganz vergessen: Am Donnerstag musste Frank-Walter Steinmeier als ehemaliger Kanzleramtschef aussagen. Er muss sich vorgekommen sein wie auf einem anderen Stern.

 

 

<span style="text-decoration: underline;">Leserbrief Dr. Peter Thümmel (noch unveröffentlicht) vom 19.03.2016:</span>

"Dieser kleine, gespickt mit Verdrehungen, Ablenkungsmanövern und böswilligen falschen Schuldzuweisungen versehene Kommentar steht in einer Reihe seit Monaten zu beobachtenden Äußerungen Ihrer Zeitungen, die eine absolute Kehrtwendung früherer Berichterstattung und Kommentierung darstellt. Der Kommentar ist auf so vielen Ebenen falscher, böswilliger und grober Unfug, dass es schon verwundert, dass dies auf so einem kleinen Raum Platz hat. Einem Troll wäre nichts Besseres eingefallen. Der NSA-Ausschuss war und ist eine bedeutsame Maßnahme des Bundestages, geheimdienstliche Vorfälle aufzuklären und anzuprangern, die sich offenkundig über viele Jahre eingeschlichen haben. Wieviel sich der BND im Zusammenwirken mit der NSA eigenverantwortlich hat zu Schulden kommen lassen, ohne dass das für die Aufsicht zuständige Bundeskanzleramt davon Kenntnis hat oder dies stillschweigend oder aktiv begleitet hat, bleibt die entscheidende Frage.

 

Das Aufklärungsbedürfnis über Verstöße gegen <span style="mso-spacerun:yes"> </span>maßgebliche Grundrechte der Bürger in ihrer Privatheit ist in der Tat durch die Veröffentlichungen von Edward Snowden maßgeblich zu Tage getreten. Ihn dafür<span style="mso-spacerun:yes">  </span>zu schelten oder gar darauf zu verweisen, dass schließlich auch andere Geheimdienste sich unrechtmäßig in der BRD tummeln, den englischen Geheimdienst GCHQ verschweigt der Kommentar schamhaft, stellt lediglich ein billiges Ablenkungsmanöver dar. Die Unterstellung, die Angaben des Edward Snowdens seien etwa zu Teilen unrichtig, ist billige, unsubstantiierte Polemik. Es bleibt das unbedingte Verdienst von Edward Snowden, nicht nur in Deutschland, sondern sogar auch in den USA eine kritischere Einstellung zu Geheimdiensten zu entwickeln. Die Ladung des ehemaligen, schließlich zeitweise für die Aufsicht der Geheimdienste zuständigen Kanzleramtschefs Steinmeier vor den NSA-Ausschuss quasi als Sakrileg darzustellen, lässt eine undemokratische, obrigkeitshörige, die Rechte des Bundestags negierende Einstellung erkennen.<span style="mso-spacerun:yes">  </span>Frank Schirrmacher würde sich für ein derartiges Machwerk in seiner Zeitung schämen."

 

 

Bemerkenswert ist, dass in der F.A.Z. vom 21.03.2016 ein Beitrag unter der Rubrik "Aus dem Maschinenraum" von der Redakteurin und Informatikerin Constanze Kurz erscheint unter dem Titel "Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts - Frank Walter Steinmeier gibt sich vor dem Untersuchungsausschuss für die Geheimdienste vollkommen ahnungslos". In dem Beitrag vertritt entgegen des vorgehenden Kommentars vom 18.03. die Redakteurin im Wesentlichen die Auffassung des Leserbrief-Schreibers. Ein Kanzleramtschef, der entweder nichts gewusst hat und uninformiert ist oder die Augen schließt vor festgestellten Fehlverhalten seines Geheimdienstes muss sich rügen lassen, ist letztlich für dieses Amt untauglich, - wenn nicht doch alles eine abgekartete Sache gewesen ist. Gerade wegen derartiger Überprüfungen ist der NSA-Ausschuss des Bundestages eingerichtet.